Review: Zeiss Planar 85mm f1.4 HFT (QBM) – Liebe für alte Linsen
Einleitung:
Das Zeiss 85mm f1.4 Planar HFT ist ein ca. 50 Jahre altes Objektiv – und es überrascht mit seinem Bildlook, seiner Schärfe und einem beinahe surrealen 3D Effekt. Seit einigen Jahren habe ich ein paar Objektive in meinem Fundus, die man als “Altglas” bezeichnet. Gemeint sind damit Objektive, fast immer ohne Autofokus, die ein gewisses Alter haben, oft ohne moderne Elemente – wie Asphärische Linsen (ASPH) und moderne Rechnungen dahergekommen. Dazu zählen etwa ein Leica Summicron-R 50/2, ein Elmarit-R 90/2.8 (Red Scale, 1967) und jetzt neu das Zeiss Planar 85mm 1.4. Diese Objektive waren in ihrer jeweiligen Zeit Spitzenklasse – und mit einigen Abstrichen sind sie es heute auch noch.
Natürlich haben moderne Objektive, mit neuen Rechnungen, besserem Glas (ja – es gibt große Unterschiede in der Glasqualität und die hat sich in den letzten Jahrzehnten auch stark verändert), modernen Vergütungen, eine ganz andere Qualität. Eine moderne Optik reduziert optische Fehler und ist in den meisten Fällen einem alten Objektiv optisch überlegen. Warum ich da ein großes ABER platzieren muss und warum das Zeiss ein ganz besonderes Objektiv ist, erfahrt ihr hier.
Design und Bauweise:
Wo fängt man bei solchen Objektiven an? Am besten bei der Bezeichnung. Planar ist eine Objektiv-Rechnung von Carl Zeiss aus Jena. Planare gibt es in allen möglichen Brennweiten ab 50mm (und wenn ich mich nicht irre bis 135mm). Planare sind alt – das Grunddesign stammt aus dem Jahr 1896 und hatte damals 6 Elemente in 4 Gruppen.
Von Tamasflex, CC BY-SA 3.0, Link
HFT steht für eine Vergütung die wohl von Rollei entwickelt wurde. Mehr gibt es hier. Ihr kennt T* von Zeiss aus modernen Optiken. QBM ist ein Mount und ihr habt vermutlich noch nie davon gehört, das überrascht nicht. QBM ist ein Mount der sehr sehr ähnlich zum C/Y (Contax, Yashica) Mount ist und sich nur um wenige mm in der Auflage unterscheidet – damit passen die Objektive nicht mehr auf den jeweilig anderen Mount. QBM wurde von Rollei(flex) und Voigtländer für Spiegelreflexkameras verwendet und hatte einen überraschend großen Objektivpark mit vielen Linsen. Ein sehr gute Übersicht gibt es hier.
Das Objektiv wiegt 530g (+- ein paar Gramm den Adapter auf den Leica L Mount). Der Aufbau lautet 6 Elemente in 5 Gruppen. Eine Besonderheit stellt hier die Anzahl der Blendenlamellen dar, es handelt sich um 3. Ja kein Schreibfehler. 3. Das führt dazu, dass die Blende, je weiter wir sie schließen, ein Dreieck formt. Damit werden helle Elemente im unscharfen Bereich (Bokeh) dreieckig.
Optische Leistung:
Die optische Leistung dieses Objektivs ist, für ein Objektiv das über 50 Jahre alt ist, beeindruckend. Nicht umsonst kosten diese Objektive bei Ebay schnell bis zu 600€ (und teils mehr). Meine Linse stammt von Falk Rothhaar, den ich an dieser Stelle ausdrücklich als Verkäufer für viele schöne alte und neue Optiken gerne empfehle, ohne Werbung, hier sein Ebay Shop – schaut rein das lohnt sich. Mein Planar hat eine etwas schwerer gehende Blende, die aber läuft und es hat ein Staubkorn hinter einem der Frontelemente. Warum? Weil jemand an dem Ding gebastelt hat, dem es früher gehörte. (Bitte lasst solche Bastelarbeiten, das tut den Linsen nicht wirklich gut). Am Ende ist es ein sehr gutes Objektiv.
Fangen wir mit dem Rendering an. Bei Blende 1.4 und auf einem modernen Sensor mit 47mp – habt ihr keinen Spaß. Das objektiv ist weich, es leuchtet an Kanten und ist für künstlerische Portraits grade noch so geeignet. Mit etwas Distanz, liebe in Photoshop etc. kann man etwas rausholen, aber empfehlen tue ich das als Arbeitsblende wirklich nicht.
Anders sieht es ab Blende 2 bis 4 aus. Das Objektiv gewinnt sehr sehr schnell an Schärfe und Kontrast, ohne dass der Freistellungseffekt zu sehr leidet.
Hier mal ein Beispiel bei ca. Blende 2./2.8 . Reicht das aus? Ja. Ihr sehr hinten links wie die Blendenöffnung recht offen.
Ansonsten – gerade in diesem noch recht offenen Bereich und besonders bei Blende 1.4 habt ihr CAs – Chromatische Aberrationen, also Pinke/Grüne Linien auf Kanten mit einem anderen Kontrast. Die müsst ihr – am besten händisch mit dem Pipettenwerkzeug in PS/LR korrigieren. Das geht gut und macht keine größeren Probleme. Zur Bildkorrektur empfehle ich euch ein Profil eines modernen Planar von Zeiss. Warum? Weil der optische Aufbau identisch ist. Einzig enden die modernen Linsen bei f16, während das Altglas auf f22 kommt.
Autofokus und Handhabung:
Guter Witz oder? Das ist ein rein manuelles Objektiv. Der Fokusweg ist lang, was super für präzises fokussieren ist – aber die Handhabung deutlich erschwert. Es gibt keinen Fokus-Nob wie bei vielen Leica M Objektiven, hier ist also selber drehen angesagt. Mein Ring sitzt etwas strammer, da ist man gut etwas beschäftigt. Also mal eben schnell von Naheinstellgrenze auf 15m ist nicht.
Ansonsten geht meine Blende etwas hackelig – das ist idr aber nicht so. Am Ende ist es eine Gewohnheitsfrage und sollte keine größeren Probleme machen.
Fazit:
Angesichts seiner wirklich tollen Leistung habe ich hier für unter 300€ einen wirklichen Schnapper gemacht. Ist das Objektiv 590€ wert, wie auf Ebay oft aufgerufen? Jaein. Wenn ihr Filmemacher seid, kauft das Ding. Es erinnert im Bildlook an die Super-Speed Linsen von Zeiss – speziell in der Blendenöffnung. Für einen Bruchteil einer neuen Cine-Lens. Wenn ihr in der Fotografie geduldig seid und bereit seit euch auf das Abenteuer: Manuelles Altglas einzulassen und etwas mehr in die Post zu investieren, werdet ihr Spaß haben und Bilder bekommen die nicht klinisch clean sind, wie die von modernen Optiken. Wollt ihr schnell arbeiten, benötigt Eye-AF mit superschneller Geschwindigkeit: Kauft es euch nicht. Ihr werdet frustriert sein.
Am Ende ist es Liebhaberei und bedeutet immer mehr Arbeit für ein sehr eigenes Ergebnis, dass durchaus überraschend gut sei kann. Aber es ist nie so konstant und clean wie jede moderne Linse die ihr kauft. Dafür bekommt ihr aber auch nie diesen Look. Das ist der Deal.